Mein Urgroßvater war Kapitän zur See, mein Vater hat die Welt umsegelt und mit der „Lapita-Voyage" eine große seglerische Expedition vollendet. Leider ist er zu früh gegangen, aber er ist im Meer zuhause. Genetisch auf diese Weise getauft bin ich schon als Kind gesegelt. Es dauerte aber, bis ich wieder an Bord kletterte. Ich musste erst, wie wir alle, in meiner eigenen Biografie auf den Moment warten, wo das Segeln mir wieder möglich wurde, finanziell, zeitlich und in meiner Lebensführung. Radfahren war lange Zeit mein persönliches Methadonprogramm und hat als Ersatzdroge auch sehr gut funktioniert, vor allem auf der Langstrecke. Dort bildete die abenteuerliche Reise „Cape to Cape" mit Jonas Deichmann dem Höhepunkt. Ebenso meine Teilnahme an dem legendären Langstreckenrennen Paris-Brest-Paris im Jahr 2015 hat mich nachhaltig geprägt. Bei diesen Abenteuern habe ich auch als Segler wertvolle Dinge gelernt.
Dazu gehört vor allem die Begeisterung für die Natur. Es sind diese unvergesslichen Momente jener Herausforderungen, wo ich körperliche Erschöpfung und Müdigkeit im Zaum halten musste. Immer überwindet man in diesen Phasen mit der mentalen Einstellung die Schwäche, ist ausgerichtet auf ein größeres Ziel. Meine Zähigkeit, Ausdauer und mein Durchhaltevermögen habe ich auf dem Rad geschult und viel Disziplin gewonnen, die mir auch bei meinen seglerischen Aufgaben hilft. Auf dem Boot gibt es viele schwierige Situationen. Sie durchzustehen, und nicht etwa das Vorhaben abzubrechen, das habe ich gelernt.
Ich kann die inneren Stimmen bändigen und der Zuversicht Raum verschaffen, im Wissen, dass es auch wieder gut wird. Das gilt für Müdigkeit und Erschöpfung, aber auch für schwierige Wettersituationen, für die eigene Niedergeschlagenheit und Einsamkeit.
Außenstehende denken oft, Einhandsegler seien total mutige und draufgängerische Menschen, sehen in ihnen vielleicht sogar das Ideal des furchtlosen Helden. Nicht nur für mich, sondern auch für die mir bekannten Abenteurer kann ich sagen: das Bild stimmt nicht. Die Grenzen und inneren Stimmen, den Zweifel, den habe ich genau wie viele andere Menschen auch. Aber ich gehe bewusst einen Schritt weiter und sage: Ich möchte mich nicht von diesen Stimmen dominieren lassen.
Ich höre sie, ich hadere auch, ich zweifle und habe Angst, aber ich lasse diese Stimmen nicht die Kontrolle über mein Leben übernehmen. Ich bin der Kapitän meiner inneren Crew. Ihre Worte sind nicht sinnlos, sie haben ihre Bedeutung.